an die Gemeineratsfraktion der Grünen
100 Jahre Gartenstadt – mietwohnungsfreie Zone?
Kaufverhandlungen Heimbauwohnungen
Sehr geehrter Herr Stadtrat Frey,
sehr geehrte Mitglieder der Fraktion der Grünen,
liebe Interessierte, Freunde und UnterstützerInnen,
zunächst danken wir Herrn Stadtrat Frey und der Fraktion der Grünen herzlich für die Email vom 22.2.2014 an unsere Mieterinitiative Heimbau Gartenstadt mit der erfreulichen Mitteilung: „Ihr Anliegen hat meine Fraktion im Blick. Wir unterstützen nach wie vor Ihre Initiative, die von Ihnen bewohnten Häuser in der Gartenstadt über das Mietshäuser Syndikat genossenschaftsähnlich zu erwerben.“
Genau dies möchte die Mieterinitiative Heimbau Gartenstadt als Beitrag zum hundertjährigen Jubiläum der Gartenstadt als Bau- und Kulturdenkmal erreichen:
Ein kleiner Teil der charakteristischen Reihenhäuser mit Garten soll als bezahlbarer Mietwohnraum, auch für zukünftige Generationen, dauerhaft erhalten bleiben.
Fast der gesamte ehemals im Eigentum von Stadt bzw. Stadtbau befindliche Bestand an Reihenhäusern in der Gartenstadt wird bzw. wurde unter hohen Denkmalschutzauflagen und mit – nicht allein unter energetischen Gesichtspunkten – bedenklichem Sanierungszustand in hochpreisige Eigenheime umgewandelt. Bei einem Gesamtpreis für Kauf und obligate Modernisierung von mindestens 3.200 Euro/m² Wohnfläche und einem achzuweisenden Eigenkapitalanteil von 60.000 Euro ist die große Bevölkerungsgruppe von Menschen mit geringeren Einkommen und ohne ein beträchtliches Vermögen vom Leben und Wohnen in der Gartenstadt von vornherein ausgeschlossen.
Leider beabsichtigt auch die Heimbau Wohnungsbaugenossenschaft, deren Genossenschaftsmitglieder und Mieter wir sind, ihre (also: unsere!) Häuser in der Gartenstadt nach fast 100 Jahren aus dem Bestand zu entlassen und zu privatisieren. Erste Schritte in diese Richtung sind zu unserem großen Bedauern bereits erfolgt. So wurden in den letzten Jahren die knapp hundert Jahre alten zusammenhängenden großen Mietshausgrundstücke als Eigenheim-Grundstücke parzelliert und so im Wert quasi verdoppelt. Dies geschah nach dem Muster der städtischen Grundstücke in der Gartenstadt und fast unbemerkt: in Absprache mit der Stadtverwaltung und ohne Beschluss des Gemeinderates. Als weiterer Schritt sollen „aus wirtschaftlichen Gründen“ (so Heimbauaufsichtsrat und -vorstand) die Häuser der Heimbau mit Ablauf des 99-jährigen Erbbaurechts zum 1.7.2016 samt Grundstücksparzelle zu dem dann aktuellen hohen Marktwert an die Stadt Freiburg übertragen werden.
Unser Beitrag zum 100-jährigen Jubiläum der Gartenstadt als Bau- und Kulturdenkmal
Statt lediglich die extrem „aufgewerteten“ Grundstücke und Gebäudehüllen des heutigen Bau- und Kulturdenkmals Gartenstadt als Eigenheimidylle zu präsentieren, knüpft unser Vorhaben, in einem Teil der Gartenstadt Wohn- und Lebensraum für geringer verdienende Menschen ohne Eigenkapital dauerhaft zu sichern, an die städtebaulichen und sozialen Kernanliegen der historischen Gartenstadtbewegung an:
- besonderer städtebaulicher Akzent durch die jeweils zu einem Mietshaus gehörenden Gärten,
- Vermeidung von Boden- und Wohnraumspekulation durch Gemeineigentum,
- nach dem Kostendeckungsprinzip berechnete, dauerhaft niedrige Mieten,
- genossenschaftlich organisierte Mieter auch mit geringem Einkommen, aber praktisch unkündbarem Dauerwohnrecht
Konkret beabsichtigen wir die Gründung einer Heimbau Gartenstadt GmbH nach den Prinzipien des Mietshäuser Syndikats (www.syndikat.org), an der wir uns genossenschaftlich beteiligen werden. Die zu gründende Gesellschaft soll die bisher nicht in einzelne privatisierte Eigenheimeinheiten umgewandelten sechs Häuser, in denen unsere Familien seit Jahrzehnten zur Miete wohnen und in denen sie auch wohnen bleiben wollen, erwerben. Darin sehen wir einen erfolgsversprechenden Weg, das Denkmal „Gartenstadt“ in einem umfassenden und ganzheitlichen Sinn am Leben zu erhalten:
architektonisch, städtebaulich und sozial. Die Realisierung nach dem Modell des Mietshäuser Syndikats macht es möglich, Mietwohnungen für geringer verdienende Menschen ohne Eigenkapital dauerhaft bereitzustellen.
Für dieses Vorhaben, das zugleich offen für weitere Miethaushalte in der Gartenstadt ist, die sich anschließen wollen, ist neben der Unterstützung aus der betroffenen Einwohnerschaft und der Freiburger Öffentlichkeit vor allem eine wegweisende Entscheidung des Gemeinderates erforderlich. Alle Fraktionen, mit denen wir bisher sprechen konnten, haben diesbezüglich ihre Unterstützung signalisiert.
Verhandlungen jetzt!
Entgegen der im eingangs zitierten Schreiben ausgesprochenen Empfehlung, zunächst abzuwarten und erst einige Monate vor Ablauf des Erbbaurechts der Heimbau Genossenschaft zum 1.7.2016 mit dem Ziel der Aufnahme von Kaufverhandlungen an die Stadtverwaltung heranzutreten. Dabei gilt es, eine Reihe durchaus kritischer/kniffliger Punkte zu klären:
- fehlender GR-Beschluss über die Verwendung der sechs Häuser und Grundstücke;
- wegen der Parzellierung erschwerte Veräußerung zusammenhängender Mietwohnungen nach „Ertragswert“;
- aus unserer Sicht nicht wünschbare Veräußerung von Eigentum nach „Vergleichswert“.
Vor diesem Hintergrund halten wir die verbleibenden rund zwei Jahre für eine eher knapp bemessene Zeit zur Vorbereitung dieser in besonderem Maße zukunftsweisenden und somit nicht alltäglichen Entscheidung des Gemeinderates sein. Zumal wenn man sowohl die zu erwartende Komplexität als auch die wünschenswerte Transparenz eines solchen Prozesses in Betracht zieht.
Aus den skizzierten Gründen erklären wir bereits zum jetzigen Zeitpunkt unsere Bereitschaft zu Kaufverhandlungen mit der Stadtverwaltung, um ab sofort entsprechende Alternativen für die Entscheidung des Gemeinderates ausloten und erarbeiten zu können. Wir verstehen dies als unseren Festbeitrag zum hundertjährigen Jubiläum der Gartenstadt in diesem Jahr 2014!
Wir bitten daher die Stadträtinnen und Stadträte um einen interfraktionellen Antrag, dass die Stadtverwaltung mit der Mieterinitiative Heimbau Gartenstadt in Kaufverhandlungen eintreten möge.
In diesem Sinne wünschen wir uns baldige konkrete Signale aus möglichst vielen Fraktionen des Gemeinderates.
In der Hoffnung auf eine baldige Antwort verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
Mieterinitiative Heimbau Gartenstadt gez. Susanne Merkel (Bauhöferstr. 160, 79115 Freiburg )
als Kooperationspartner Bauverein „Wem gehört die Stadt?“ gez. Stefan Rost (Adlerstr. 12, 79096 Freiburg)