An den Gemeinderat und die Verwaltung der Stadt Freiburg, Zur Information an die Presse und andere Interessierte
Offener Brief 15. Mai 2019
Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren.
Mit Interesse haben wir die Pressemeldungen zur geplanten „Freiburg Genossenschaft“ (FG) gelesen, sowie den entsprechenden Interfraktionellen Antrag vom 26.4.2019, der als Prüfauftrag an die Verwaltung am 7. Mai beschlossen wurde.
Irritiert hat uns allerdings ein „Detail“ im Konzept der Freiburg Genossenschaft, das weder im Interfraktionellen Antrag und noch in seiner Begründung explizit erwähnt wird: (Seite 3, Hervorhebung durch uns)
„Die Stadt Freiburg sollte die FG selbst initiieren und mit gründen.
…
Initiieren heißt: SICHERHEIT GEBEN, DASS AN DIE FG IN DIETENBACH GRUNDSTÜCKE VERKAUFT (BZW. ERBBAURECHTE BESTELLT) WERDEN.“
„Sicherheit geben“? Bedeutet das nicht eine rechtsverbindliche Zusage der Stadt, an die Freiburg Genossenschaft Grundstücke zu verkaufen? Und zwar ohne vorherige Ausschreibung? Und ohne das Risiko, das die Freiburg Genossenschaft bei Vergabeverfahren gegen die Mitbewerber*innen nicht zum Zuge kommt? (Wie bei den Grundstücken für die Stadtbau, die von vornherein reserviert und ohne Ausschreibung verkauft werden?)
Aber diese Sicherheit, von der Stadt Freiburg Grundstücke zu erhalten, erträumt sich doch jede genossenschaftliche Neugründung, wir auch: vor allem als Sicherheit für die Erwerber von Genossenschaftsanteilen und anderer Einlagen, da mit diesem Kapital vor allem in der Anlaufphase die Planungskosten und der Geschäftsbetrieb finanziert werden und die im Falle erfolgloser Bewerbungen als Verluste abgeschrieben werden müssen.
Es ist richtig, nur unter diesen „traumhaften“ Startbedingungen, außerhalb der Konkurrenz um Grundstücke
„… kann die FG eine professionelle Struktur aufbauen, damit viele gute Mietwohnungen zügig entstehen, um den Wohnungsmarkt rasch zu entlasten…
Ein rascher Planungsprozess samt Kauf der Grundstücke senkt die Risiken der Entwicklungsmaßnahme Dietenbach deutlich.“ (Konzept FG Seite 3)
Das ist sicher wünschenswert, trifft aber unter den genannten Bedingungen auch auf andere genossenschaftliche Projektinitiativen zu.
Wir vom Bauverein „Wem gehört die Stadt?“, der wohnungspolitischen Initiative im Freiburger Mietshäuser Syndikat, freuen uns, wenn sich neben den bestehenden Baugenossenschaften und dem Mietshäuser Syndikat weitere genossenschaftliche und gemeinwohlorientierte Akteure im Baugebiet Dietenbach engagieren und bezahlbare Mietwohnungen errichten wollen.
Insofern begrüßen wir auch die Gründung der Freiburg Genossenschaft, von der es in der Begründung zum Interfraktionellen Antrag als Alleinstellungsmerkmal heißt:
„Das breite Spektrum zur Generierung von Eigenkapital unterscheidet diese Genossenschaft von den bisher tätigen.“
Das mag sein, scheint aber auch dringend notwendig, da nach Angaben der Freiburg Genossenschaft (BZ 3.5.2019) im Schnitt 44.000 Euro Eigenkapital je Wohnung von den zukünftigen Miethaushalten eingebracht werden müssten: exorbitante Beträge für die eigentliche Zielgruppe der finanziell schwächer gestellten wohnungssuchenden Haushalte. Denn es geht doch um die Umsetzung der 50-%-Quote geförderter Mietwohnungsbau! Für die anderen 50 % gibt es renditeorientierte Investoren genug.
„Kleinvieh macht auch viel Mist“ (Konzept FG Seite 6)
Auch ohne eine große Genossenschaft wie die geplante FG ist es den Initiativen des 3HäuserProjektes gelungen, mit Unterstützung des Mietshäuser Syndikats in Gutleutmatten rund 50 bezahlbare Mietwohnungen (davon 70 % gefördert) auf etwa 10 % der Gesamtflächen zu errichten. Hochgerechnet auf Dietenbach wären das 750 Wohnungen – in einem Zeitraum von 20 Jahren! Bei einer Verdoppelung unserer Aktivitäten wäre das Ziel 1.500 Wohnungen (in etwa 100 Wohnprojekten). So stehen für das Baugebiet Stühlinger West/Kleineschholz bereits 14 Projektinitiativen mit mehr als 200 geplanten Wohnungen in den Startlöchern.
Unser Alleinstellungsmerkmal unter den Genossenschaften: Beim Mietshäuser Syndikat und seinen Hausprojekten muss keine Mietpartei Eigenkapital einbringen, weil das eine soziale Auslese der Bewohnerschaft zur Folge hätte. Deshalb wird das Eigenkapital in Form von vielen kleinen Direktkrediten kollektiv und kooperativ von den Hausprojekten eingeworben. Ergebnis: mehr als 140 Wohnprojekte in 20 Jahren in vielen Städten Deutschlands.
Eine Sicherheit, dass die Stadt Grundstücke an die Freiburg Genossenschaft verkauft, wäre auch für unsere Projekte und andere genossenschaftliche Neugründungen eine feine Sache; schon aus Gründen der Gleichbehandlung.
Mit freundlichen Grüßen
Bauverein „Wem gehört die Stadt?“