Hier dokumentieren wir das Redemanuskript der „Wem gehört die Stadt?“-Demo am 29.10.2011 in Freiburg.
Wir sind eine Baugruppe – eine spezielle: Die Baugruppe „Wem gehört die Stadt“ aus dem Mietshäuser Syndikat.
Wir arbeiten an wohnungspolitischen Themen wie z.B. Recht auf Stadt, Verdrängung und Gentrifizierung, Privatisierung; und zwar jeweils in Verbindung mit konkreten Bauprojekten, bei denen wir Alternativen zur üblichen Verdrängungsökonomie durch Eigentumsbildung und/oder hochpreisige Mieten entwickeln und verwirklichen wollen. Unser Ziel ist es Mietwohnungen zu erhalten oder auszubauen, die auch für GeringverdienerInnen bezahlbar sind; und die mit einer dauerhaften Sozialbindung ausgestattet und unverkäuflich sind, vorzugsweise nach dem Modell des Mietshäuser Syndikats; und die genossenschaftlich organisiert sind.
Leider ist uns unser letztes Projekt abhanden gekommen, die Johann-Sebastian-Bach-Straße in Herdern. Das ist eine Siedlung mit 100 Wohnungen, ein ganzer Straßenzug. Der gehört der Freiburger Stadtbau, die dort abreißen und hochpreisigen Wohnraum ab 11,50 €/m² errichten lässt. Eine Hausbesetzung sowie unsere Bemühungen, die Häuser zu erhalten und bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen, sind an der Grün-Schwarzen Mehrheit im Gemeinderat und im Aufsichtsrat der Freiburger Stadtbau gescheitert. Das Ergebnis: Herdern wird Hartz-IV-freie Zone.
Nun sind Häuser und Grundstücke für solche Projekte in Freiburg nicht gerade leicht zu finden. Aber wir sind bei unserer Suche fündig geworden: Stellt euch vor, wir haben einen ganzen bisher unsichtbaren (unauffälligen) (schlummernden) Stadtteil entdeckt [der darauf wartet, von Herrn Klausmann wachgeküsst zu werden, wenn es sein muss mit dem Abrissbagger].
Wo liegt dieser Stadtteil? Wie das bei Entdeckungen so üblich ist, zunächst stößt man auf Hinweise und Anhaltspunkte, die Grenzen sind noch unklar, dann entdeckt man erste Konturen und nach und nach werden die Umrisse deutlich. Er ist möglicherweise so groß wie das Rieselfeld und Vauban zusammen. Aber obwohl es sich um tausende von Wohnungen handelt, sind sie eher unscheinbar und treten nicht als einheitlicher Stadtteil in Erscheinung, sie liegen eher verstreut.
Erste Hinweise fanden wir im Geschäftsbericht der FSB, dort steht, dass 3000 Wohnungen sich als „entwicklungsfähig“ herauskristallisiert haben. Da der Bestand rund 8000 Wohnungen umfasst, sind vermutlich 5000 Wohnungen als „nicht entwicklungsfähig“ abgeschrieben. Die Häuser werden entweder abgerissen und neubebaut, wie in der JSBach-Straße, oder verkauft wie in der Gartenstadt nach dem „Reihenhausprogramm im Bestand“.
Ein Teil dieser 5000 Wohnungen ist der sogenannte Streubesitz, der ja ganze Straßenzüge umfasst, wie die Freiligrathstraße in der Gartenstadt und andere Häuser aus dem „Reihenhausprogramm im Bestand“.
Wer kann den „Schwellenhaushalten“, den Familien und Alleierziehenden mit Kindern es verdenken, wenn sie sich dort ihr Wohneigentum erwerben können und sich auf diese Art absichern gegen Verdrängung und ständige Mieterhöhungen? Aber leisten können es sich nur die Familien, die das notwendige Eigenkapital von 40.000 € vorweisen können. Ärmere MieterInnen sind ausgeschlossen. Und auch dieses Programm wandelt preiswerten Mietwohnraum in Eigentumdswohnungen um. Nach Ablauf der Bindungs- und Selbstnutzungsfrist von 10 Jahren können diese Wohnungen wieder teuer verkauft oder vermietet werden, wie es auch im Vauban oder Rieselfeld bei den ehemals geförderten Wohnungen geschieht.
Aber genau um diese dauerhafte Sozialbindung von bezahlbaren Mietwohnungen, um die Unverkäuflichkeit geht es uns!
Deshalb bewerben wir uns auch für einen Teil der Häuser. Wir wollen ein neues selbst organisiertes Mietshausprojekt. Für MieterInnen, die kein Eigenkapital besitzen, aber auch gesichert gegen Verdrängung und unbezahlbare Mieten wohnen wollen. Viele Häuser, die im Streubesitz verstreut liegen.
Das Viel-Häuser-Projekt
Vekauft werden sollen diese Häuser nach dem Modell des Mietshäuser Syndikats, von einer GmbH, entsprechend der SUSI GmbH oder der Grether Ost GmbH.
Einen passenden Namen für die Projekt GmbH haben wir uns auch schon überlegt, nämlich
FSB GmbH
Wobei FSB nicht Freiburger Stadtbau bedeutet, sondern
Freiburger Streu Besitz GmbH
Damit dieser neuentdeckte unscheinbare Stadtteil der 5000 „nicht entwicklungsfähigen Wohnungen“ nicht nach und nach privatisiert und zur Hartz-IV-freien Zone wird.